11/24/13 ~week 2~
Noch dreißig Tage bis Weihnachten! Juhuuu!! Mein Lieblingsfeiertag! Freut ihr euch auch schon?
Meine vergangene Woche hatte allerdings nicht sehr viel mit Weihnachten zu tun, denn sie hat natürlich wieder mit Arbeit begonnen.
Montag haben Jean und ich uns aufgemacht, um den Spielplatz in Golden zu besuchen, der viel spannender und größer (und vor allem VOLLER) ist, als der hier um die Ecke. Leider konnten wir morgens nicht direkt los, weil es hier bis ungefähr 9 Uhr unerträglich kalt draußen ist. Als wir dann am Spielplatz angekommen waren, hat sich schnell herausgestellt, was für ein Dreckspatz Jean ist. Er hat es geliebt, im Sand zu wühlen und ihn über sich zu verteilen (aber mal ehrlich. Wer liebt das nicht? :) ). Am Spielplatz habe ich auch eines der Au Pairs getroffen, das mir in der letzten Woche in der Bibliothek begegnet ist. Wir haben uns sehr nett unterhalten und uns für den kommenden Donnerstag verabredet. Nachdem sie den Jungen, auf den sie aufpassen muss, eingesammelt hat und gegangen ist, habe ich mich dazu entschlossen noch einen kleinen Spaziergang an "Bears Creek", dem Fluss entlang zu machen, der durch Golden hindurch fließt. Also habe ich Jean in seinen Kinderwagen gepackt und bin los gelaufen. Das Wetter war wunderschön und ich habe die Natur sehr genossen. Die Leute, die das gute Wetter ebenfalls genutzt haben, haben auch zu meiner guten Laune beigetragen, denn (fast) alle waren in bester Stimmung, haben gegrüßt und sich darüber gefreut, dass ich mit Jean spazieren gehe. Ich muss sagen. diese positive Einstellung, die einem hier an jeder Ecke begegnet, tut wirklich gut.
Dienstag hatte ich dann frei. Trotzdem wollten einige Dinge erledigt werden. Zuerst einmal musste ich losfahren, um meine Social Security Number (SSN) zu beantragen. Die braucht man hier für alles mögliche. Blöderweise hat sich meine Blondheit an diesem Morgen mal wieder bemerkbar gemacht. Ich bin zwar, oh Wunder, pünktlich losgekommen, bin aber über eine Stunde in der Gegend rumgegurkt, weil ich den Ort nicht finden konnte und bin insgesamt drei Mal mitten in der Pampa gelandet. Irgendwann, als ich Fremde nach dem Weg gefragt habe, ist mir dann aufgefallen, warum ich mich ständig verfahren habe: Die SSN-Office liegt gar nicht in Golden, sondern in Lakewood. Ich hatte den falschen Ort angegeben! Natürlich hätte ich mein Kopf in dem Moment am liebsten wiederholt gegen das Lenkrad gerammt, allerdings hätten die armen Spaziergänger mich dann wohl für verrückt erklärt. Somit bin ich dann - nachdem ich mein Fenster wieder geschlossen hatte natürlich - schimpfend wie ein Rohrspatz nach Lakewood gefahren und habe die SSN-Office - oh Wunder - sofort gefunden. Allerdings hat meine Reise durch die Vororte Denvers mich eine Menge Zeit gekostet (wie oben schon erwähnt über eine Stunde), sodass ich erste eine halbe Stunde nach Öffnungszeit der Office dort ankam. Wie zu erwarten war, war das Gebäude rappel voll. Ich habe mein Anliegen also geduldig in eine entsprechende Maschine eingetippt, die prompt ein Ticket mit einer Nummer ausgespuckt hat. "Prima", dachte ich, nach einem Blick auf die Anzeigetafel, auf der die Nummern standen, die gerade aufgerufen worden waren. "Da steht schon J73. Ich habe J75. Das kann ja nicht lange dauern. Glück gehabt."
Von. Wegen.
Nach einer Stunde Wartezeit bin ich dann mal zu einem sehr offiziell aussehenden Herren gegangen und habe mich erkundigt, wie das Aufrufen von den Nummern eigentlich so funktioniert. Die Antwort war: Erst werden zehn Nummern mit einem "S" vorne aufgerufen, dann zehn mit einem "T", dann zehn mit einem "X" und DANN kommt EINE mit einem "J".
Wundervoll. Ich habe mich also lächelnd bedankt, innerlich abermals geschimpft wie ein Rohrspatz und mich wieder auf meinen Platz begeben. Glücklicherweise hatte ich in weiser Voraussicht ein Buch mitgenommen.
Nach einer weiteren Stunde warten kam ich dann endlich an die Reihe (ich habe auch kein angefordertes Dokument vergessen, sodass ich meine SSN auch WIRKLICH beantragen konnte) und hatte zehn Minuten, nachdem ich aufgerufen wurde, die Office wieder verlassen.
Mein nächstes Ziel war die Bank. Ich musste dringend ein Bankkonto eröffnen. Ich habe mich schließlich nach einigem hin und her überlegen für "Wells Fargo" entschieden. Dort musste ich glücklicherweise nicht warten, bis ich dran kam, denn ich war so ziemlich die einzige Kundin, die dort auf der Matte stand. Deshalb ging das ganze relativ schnell und zum Glück auch reibungslos vonstatten. Eigentlich hatte ich geplant, nach meinem Besuch bei der Bank auch noch loszufahren, um mir einen Handyvertrag zu besorgen, was ich dann aber kurzerhand in den Wind geschossen habe und nach Hause gefahren bin. Es war nämlich ein Uhr. Zeit, um zu essen und sich an seinem freien Tag in Jogginghose und gemütlichen Pulli (vorzugsweise vom Freund) zu schmeißen. Das habe ich dann auch voller Inbrunst getan.
Mittwoch war mit Abstand der anstrengenste Tag der Woche. Ich musste nicht nur auf Jean, sondern auch auf seinen älteren Bruder Adrien aufpassen, der meine gesamte Aufmerksamkeit gefordert hat. Den größten Teil des Tages haben wir zu Hause verbracht, was sich ja erstmal ganz entspannt anhört. Wenn ein knapp vierjähriger aber ständig "Hey", "Look at that" und "You know" sagt, dann zwei Minuten braucht, um sich zu überlegen, was er eigentlich sagen möchte und danach alles drei Mal wiederholt, weil er es so spannend findet, dann ist das mit der Zeit ein wenig nervenaufreibend. Irgendwann habe ich die Jungs dann rausgeschmissen, damit sie ein bisschen auf der Terrasse spielen, Dreck-Blatt-Suppe in den Blumentöpfen kochen und sich austoben konnten.
Außerdem hat Adrien mir sein Talent beim Karaoke bewiesen, was zugegebenermaßen sehr amüsant war.
Zum Abschluss des Tages habe ich die beiden noch zum Spielplatz bugsiert, wo dann gleichzeitig das Highlight und der Tiefpunkt meines Tages stattgefunden hat. Mein Highlight war, dass Adrien sich auf den ersten Blick in das einzige Mädchen verguckt hat, das außer uns noch da war. Erst hat er sie wie betäubt angestarrt und ist dann wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen, um ihr eifrig alles nachzumachen und zu versuchen, sie zu beeindrucken. Dass sie das gar nicht so toll fand, hat er allerdings nicht bemerkt und ich habe mich prächtig amüsiert.
Kurz danach ist meine Batterie allerdings sehr schnell in den Keller gegangen. Ich habe mich plötzlich schwindelig gefühlt, mir war heiß und kalt gleichzeitig und Kopfschmerzen haben sich angekündigt. Zu alledem hat meine Nase angefangen zu laufen wie blöd. Also habe ich die Jungs wieder eingepackt und bin nach Hause gelaufen. Der Rückweg hat sich furchtbar gezogen, denn Adrien hatte sich eine Blase gelaufen und musste noch langsamer laufen, als dreijährige ohnehin schon laufen, wofür ich allerdings jede Menge Verständnis hatte. Ich fühlte mich ehrlich gesagt an durchtanzte Nächte mit hohen Hacken erinnert, weshalb ich ihm keinen Vorwurf machen konnte, als er sich über seine Blase beschwerte.
Endlich zu Hause angekommen habe ich darauf gehofft, dass Raphaelle möglichst bald nach Hause kommt. Glücklicherweise musste ich tatsächlich nur eine halbe Stunde warten. Sie hat mich dann sofort sehr lieb umsorgt, mir einen Rosmarin-Thymian-Tee mit Honig und Limonensaft gemacht und mich ins Bett geschickt, damit ich mich ausruhen konnte.
Dort habe ich dann auch den Großteil von meinem freien Donnerstag verbracht. ich hatte Kopfschmerzen und war furchtbar schlapp. Eigentlich hatte ich an diesem Tag meine Handynummer organisieren wollen. Daraus ist dann allerdings nichts geworden. Genauso wie aus meinem geplanten Date mit dem anderen Au Pair.
Freitag Morgen ging es mir immer noch nicht gut. Gearbeitet habe ich trotzdem. Schließlich haben eine zweite Kanne Rosmarin.Thymian-Tee und ein Ibuprofen geholfen, sodass ich mich gegen Mittag besser gefühlt habe und es mir abends sogar wieder komplett gut ging. Ich bin den Tag über aber trotzdem mit Jean zu Hause geblieben, damit ich niemanden anstecke oder mir selbst noch zusätzlich was einfange. Raphaelle war an diesem Tag schon um vier zu Hause, sodass der Freitag relativ entspannt war.
Samstagmorgen ist dann meine "local representative" zu uns gekommen. Der local representative arbeitet für die Au Pair Organisation und lebt in der Nähe von einigen Au Pairs. Er ist da, um bei Fragen und Problemen zu helfen und möglicherweise kleine Streitigkeiten zwischen Familie und Au Pair zu regeln. Außerdem organisiert er monatliche Treffen für die Au Pairs aus seinem Kreis, damit alle sich treffen und kennen lernen können, was ich persönlich sehr schön finde.
Mein local representative, Samantha heißt sie, ist total nett. Sie ist Samstag vorbei gekommen, um alle möglichen Regeln festzusetzen, die zum Beispiel Benutzung des Autos, Einladen von Gästen und Ausgehzeiten betreffen. Diese werden dann offiziell an die Organisation weitergegeben, damit über solche Sachen keine Streitigkeiten mehr entstehen können.
Samstag Nachmittag hieß es dann wieder shoppen im großen Ikea-Lagerhaus.Stil. Damit waren wir eigentlich den ganzen Tag beschäftigt.
Den Sonntag Vormittag habe ich genutzt, um zu lesen. Mein Buch ist echt fesselnd (nach wie vor lese ich "Die Insel der besonderen Kinder" auf Englisch. Creepy!) und ich habe es sehr genossen. Außerdem habe ich mit meiner Familie geskyped, die sich an diesem Tag bei meinen Großeltern aufhielt, sodass ständig jemand aus der Familie herein kam, wie zum Beispiel mein Opa, meine Oma, oder mein Onkel. Meine Cousine hingegen war von Anfang an dabei. Ich muss wirklich sagen, dass ich mich tierisch gefreut habe, sie alle wiederzusehen und mich in dem Moment gerne nach Deutschland teleportiert hätte.
Danach wollten wir uns endlich um meinen Handyvertrag kümmern. Wir haben es auch versucht. Allerdings scheint es hier ausgesprochen schwierig zu sein, an einen Vertrag ranzukommen, bei dem man kein neues Handy kaufen muss. Ich wurde lediglich zum nächsten Telekom oder at&t Shop weitergeschickt. Ich werde also in der kommenden Woche einen weiteren freien Tag opfern, um mich um meinen Handyvertrag (und meinen dringend fälligen Führerschein!!) zu kümmern. Ein wenig Erfolg hatte ich dennoch, da ich endlich (!!) einen Adapter gefunden habe.
Danach sind wir noch eine Freundin von Raphaelle besuchen gegangen. Eine sehr nette ältere Dame, die genauso wie meine host mum als Lehrerin arbeitet und gerade in ein neues Apartment gezogen ist. Wir haben uns sehr nett unterhalten und leckeren Tee getrunken. Um halb fünf sind wir dann wieder aufgebrochen, um André von den Jungs zu erlösen, die wir allesamt zu Hause gelassen hatten.
Zum Abschluss der Woche gab es dann ein "deutsches Abendbrot": Brot mit Käse. André war ein bisschen schlecht gelaunt, weil er scheinbar zum zweiten Mal an diesem Tag etwas Warmes essen wollte, weshalb ich mir wahrscheinlich überlegen werde, ob ich in Zukunft nochmal Essenswünsche abgebe. Mir hat es jedenfalls geschmeckt und Jean, Adrien und Raphaelle auch. Soweit ich weiß.
Morgen geht es dann wieder von vorne los! Mal sehen, was ich mich kommende Woche so erwartet. Ich werde berichten...